Siebter Parlamentarischer Abend der Architektenkammer Bremen und der Ingenieurkammer Bremen mit der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung Özlem Ünsal
„SENKO, BIBAU, BRESTADT - ZÜNDET DER BAUTURBO?“
Ein Gespräch über Infrastruktur, Stadtentwicklung, Planen und Bauen in Bremen
Der Vortragssaal der Kunsthalle Bremen war bis auf den letzten Platz gefüllt, als am Donnerstag, den 27. Februar 2025, die Architektenkammer Bremen und die Ingenieurkammer Bremen ihren siebten Parlamentarischen Abend veranstalteten. Zu Gast auf dem Podium war Özlem Ünsal, Bremer Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung. Die Senatorin nahm stellvertretend für den Senatspräsidenten und Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte teil, der wiederum kurzfristig den Bundespräsidenten auf einer Auslandsreise vertreten durfte. Zum Gespräch luden die beiden Kammerpräsidenten, der Architekt Oliver Platz und der Beratende Ingenieur Torsten Sasse.
Vorab wurde Senatorin Ünsal von den Präsidenten gebeten, ein persönliches Statement zum Ergebnis der Bundestagswahl abzugeben, die vier Tage zuvor stattgefunden hatte. „Es war leider kein feierlicher Abend für unsere Demokratie und insgesamt für die demokratischen Parteien, wenn man sich die AfD-Ergebnisse vergegenwärtigt. Diese Zäsur muss uns alle zusammen beschäftigen. Damit kann kein Demokrat und keine Demokratin zufrieden sein. Daher ist eine elementare Aufgabe der nächsten Jahre, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen und die Handlungsfähigkeit unseres Staates erlebbar zu machen. Wir als Ressort für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung leisten täglich unseren Beitrag und werden auch zukünftig dabei mithelfen, dass unsere Daseinsvorsorge funktioniert. Das Motto, unter dem die aktuellen Brückensanierungen stehe, gilt für die gesamte Bremer Infrastruktur: Wat mutt datt mutt“ so Özlem Ünsal.
Unter dem Titel des Abends „SENKO, BIBAU, BRESTADT - ZÜNDET DER BAUTURBO?“ wurde diskutiert, was die in Bremen neu geschaffene Senatskommission Wohnungsbau sowie die neu gegründeten Bildungsbau- und Stadtentwicklungsgesellschaften bewirken können – kurz- und langfristig.
Ausdrücklich wurde von Oliver Platz und Torsten Sasse gewürdigt, dass das Motto des letzten Parlamentarischen Abends („Einfach mal machen“) offenbar gefruchtet habe – mit der Senatskommission, der BiBau und der Brestadt sind drei Neugründungen vollzogen worden, die deutliche Impulse für das Baugeschehen in Bremen setzen könnten. Für Oliver Platz und Torsten Sasse ist die kürzlich in Hamburg abgeschlossene „Initiative kostenreduziertes Bauen“ ein Beispiel dafür, wie auf Landesebene ein deutlicher Impuls für schnelleres, günstigeres Bauen gesetzt werden könne, ohne baukulturelle Grundwerte in Frage zu stellen. „Auch in Zeiten des Bauturbo müssen preisliche und qualitative Aspekte gut miteinander in Einklang gebracht werden“, so Platz. Deutlich formuliert wurde die Forderung, schnellstmöglich und weitreichend den Erkenntnisgewinn aus Hamburg auch in Bremen umzusetzen.
Senatorin Ünsal betonte, dass die Senatskommission Wohnungsbau ein Ergebnis der entsprechenden Prioritätensetzung ihres Ressorts darstellt und das erklärte Ziel verfolgt, die Rahmenbedingungen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnen weiter zu optimieren. Dabei sollen u.a. Prozesse vereinfacht, Verfahren beschleunigt und überbordende Regularien auf den Prüfstand gestellt werden. Eine erste Diskussionsgrundlage sei bereits durch ihr Haus u.a. mit Blick auf die Bremer Standards und deutlich darüber hinaus eingebracht, mit der sich der Senat aktuell befasst. Darüber hinaus führt Ünsal aus, dass es eine enge Vernetzung der Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen bestehe und auch ein enger Austausch zum Prozess in Hamburg zum kostensenkenden Bauen bestehe. Sie sieht einen eigenen Bremer Weg vor, der von der Hamburger Pionierarbeit profitieren werde.
Oliver Platz lobte die Gründung der Stadtentwicklungsgesellschaft Brestadt durch Senatorin Özlem Ünsal als wichtiges Signal zunächst für die Innenstadt und auch darüber hinaus. Zugleich wurde im dritten Themenblock die Frage diskutiert, inwieweit neben den hochbaulichen Fragen rund um das Parkhaus Mitte und die ehemalige Horten-Immobilie auch öffentliche Räume durch die Brestadt weiter qualifiziert werden können.
Anschließend wies Torsten Sasse darauf hin, dass „Politik und Verwaltung neben den eigenen Bauaktivitäten auch die privaten Vorhabenträger im Blick behalten müssen. Die Aufgabe ist, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass auch bei Investoren der Bauturbo zündet.“
Torsten Sasse fragte die Senatorin direkt, ob Sie vorhabe, den Bremer Standard wieder abzuschaffen und wie wichtig ihr das Thema Nachhaltigkeit sei. Die Senatorin entgegnete, dass sie sich bewusst seien, dass der Bremer Standard mit viel Energie und Anspruch geschaffen worden sei und dass Fragen der Ökologie wichtig bleiben. Die Senatorin unterstreicht zudem, das bezahlbares Bauen und Klimaschutz kein Widerspruch darstellen, sofern der Diskurs nicht ideologisch geführt wird. Eine politische Einigung hierzu hat bereits im Kontext des Stabilisierungsprogramms des Senats mit Blick auf den Standard der Effizienzhäuser E 40 auf E 55 stattgefunden.
Abschließend wurde der Vorstoß der Senatorin und die Zweckmäßigkeit des ganz neuformulierten Vorschlags einer Brückenbaugesellschaft diskutiert. Senatorin Ünsal führte hierzu nachdrücklich ihre Perspektive und die Notwendigkeiten zur Sicherstellung der Infrastruktur insbesondere mit Blick auf die Brücken aus. Hier sieht sie zwingenden Handlungsbedarf einer Infrastrukturförderung auch mit Blick auf den Bund und plädiert für eine klare politische Kurskorrektur der vergangenen Jahre in Bremen. Sie betont, dass es klarer politischer Prioritätensetzungen bedarf, die sie mit ihrem Amtsbeginn vorgenommen hat und alle gemeinsame Kraftanstrengung darauf zu konzentrieren sei. Hierzu gehört neben einer Beschleunigungsoffensive auch eine Personaloffensive, die durch die Brückengesellschaft forciert werden soll. Alle Kräfte müssten jetzt gebündelt und alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst werden.
Torsten Sasse wies deutlich auf den Fachkräftemangel im Bereich des Bauingenieurwesens hin und stellte klar, dass bei einer möglichen Abwerbung der wenigen, berufserfahrenen Fachkräfte durch eine öffentliche Gesellschaft dringend benötigtes Fachpersonal in den Planungsbüros fehlen würde. „Mit einer Verschärfung der Personalproblematik in den Planungsbüros werden auch nicht schneller Brücken gebaut“, sagte er. Insofern sollte die Rolle einer neuen Brückenbaugesellschaft noch einmal überprüft werde, so der Präsident der Ingenieurkammer Bremen.
Einen Zusammenschnitt der Themen-Teaser-Filme des Abends sehen Sie hier.
<img src="https://akhb.de//sites/default/files/2025-04/_H__9657-Podium%20PA.jpg&q…; alt="Foto: Cosima Hanebeck, AKHB/IKHB" title="Auf dem Podium im Vortragssaal der Kunsthalle Bremen waren v. l. n. r.: Oliver Platz, Präsident der Architektenkammer Bremen, Özlem Ünsal, Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung und Torsten Sasse, Präsident der Ingenieurkammer Bremen">